Von witzig bis nervig: Lauf-Podcasts im Check

Speziell bei langen Läufen brauche ich hin und wieder etwas Zerstreuung oder Motivation. Hörspiele sind okay, aber noch besser wäre es doch, sich beim Laufen zum Laufen informieren und inspirieren zu lassen: mit einem Lauf-Podcast. Davon gibt es Massen — und nicht alle machen Spaß. Hier eine Auswahl.

Musik beim Laufen ist toll. Vor allem, wenn es etwas flotter gehen soll, helfen Beats. Bei langen, langsamen Läufern hingegen finde ich es auf Dauer anstrengend, gegen die viel zu schnelle Musik meiner Laufen-Playlist anzubremsen. Ich habe es aber auch schon mit Carmen und dem Freischütz probiert, und in beiden Fällen war das gar nicht schlecht.

Die beste Motivation waren die Hörbücher „Born to Run“ und „Warum wir laufen“. Da habe ich tatsächlich hin und wieder noch ein Kilometerchen angehängt, um das laufende Kapitel noch zuende hören zu können. Eine zeitlang habe ich Thriller von Karin Slaughter und Stephen King gehört — auch klasse.I

Und irgendwann bin ich dann auf die Idee mit den Lauf-Podcasts gekommen.

Unfassbar große Auswahl an Lauf-Podcasts

Hätte ich geahnt, wie unfassbar groß die Auswahl ist, hätte ich erst gar nicht angefangen. Und hätte ich geahnt, wie wählerisch ich bin, erst recht. Inzwischen habe ich einige Lauf-Podcasts angehört, bei einigen habe ich durchgehalten, andere nach kurzer Zeit wieder ausgeschaltet. Die Gründe sind so vielfältig wie die Podcasts.

Meine Eindrücke sind natürlich total subjektiv. Los geht’s!

Ich war auf der Suche nach einem Podcast mit Selbstironie und Nutzwert. Er sollte unterhaltsam sein und möglichst nicht von einem Profi gemacht. Die alten Kolumnen von Achim Achilles mit Ton.

„Sie läuft. Er rennt.“ — der Lauf-Podcast des Stern

Die Beschreibung — toll! Die Titel der Folgen — interessant! Der Stern-Podcast „Sie läuft. Er rennt.“ von Alexandra Kraft und Mike Kleiß schien genau das zu liefern, was ich suchte. Aber irgendwie springt der Funke nicht über. Statt sich munter und locker die Bälle zuzuwerfen, agiert das Duo viel zu verkopft und staubtrocken.

Die Teaser zu den einzelnen Folgen lesen sich oft spannender als die dann folgende Sendung ist. Vor allem Wissenschafts-Redakteurin Alexandra Kraft schafft es, jedem Thema sofort jeglichen Humor zu entziehen, und Mike Kleiß spielt dieses Spielchen leider mit. Das Ergebnis sind rund 40 Minuten dröger Podcast. Selten habe ich mich beim Laufen außer über Anstiege oder umangeleinte Hunde über etwas so sehr geärgert wie über die verschiedenen Podcast-Folgen.

Nach 85 Folgen wurde „Sie läuft. Er rennt.“ inzwischen eingestellt.

„Ich hasse laufen“ von Maren Schink

Der Podcast „Ich hasse laufen“ war der erste Podcast, den ich beim Laufen an meine Ohren ließ. Maren Schink berichtet über ihre Anfänge mit der Lauferei und macht das eigentlich auch auf sehr sympathische Art. Leider biegt sie schon sehr bald zum Triathlon ab und verliert mich da dann einfach.

Maren spricht angenehm, und vieles lässt sich als Hobbyläufer nachvollziehen. Insgesamt aber ist sie etwas zu zurückhaltend und kann den Spannungsbogen nicht halten. Nach wenigen Folgen war ich raus. Etwas mehr Dynamik oder Humor hätten vielleicht geholfen.

„Laufen kann jeder“ mit Dieter Baumann und Laura Zacharias

Schade! Nach nur sechs Folgen ist Schluss — Podcastus interruptus. Dabei fängt es so gut an. Mitten in der finsteren Corona-Zeit beginnt Laura Zacharias mit dem Laufen und holt sich Tipps von Dieter Baumann. Das ist echt unterhaltsam, und ich finde die Folgen mit gut 20 Minuten deutlich zu kurz geraten.

Eigentlich will Baumann seine Podcast-Partnerin zum Wettkampf coachen, doch nach sechs Folgen ist der Podcast plötzlich vorbei. Echt schade. Da war noch Potenzial, und ich will wissen, wie die Geschichte ausgeht.

Runner‘s World Podcast

Von einem Fachmagazin kann ja nur Gutes kommen. Dachte ich. Fachlich ist der Podcast der Zeitschrift Runner‘s World auch gut, aber dennoch hat es nicht gefunkt.

Ein Grund ist die Tonqualität. Ich erwarte bei einem Podcast eines professionellen Mediums einfach guten Sound. Der Runner‘s World Podcast klingt aber wie aus der Blechdose. Das mögen meine Ohren nicht. Hinzu kommt, dass es den Sprechern an Witz und Tempo fehlt. Der Podcast ist inhaltlich gut, vom Erzählerischen her aber für meinem Geschmack zu monoton und manchmal auch zu langatmig.

Achilles Running Podcast

Wer im Namen des großen Achim Achilles einen Lauf-Podcast betreibt, muss einfach gut sein. Allerdings haben die Beiträge des neuen Achilles-Teams nur noch wenig mit dem Witz und der Ironie der Original-Kolumne zu tun. Achilles Running ist ein Fachmagazin ohne allzu viel Tiefgang. Was kann da wohl der Podcast?

Der Achilles Running Podcast ist recht informativ und ganz gut hörbar. Insgesamt vielleicht ein bisschen dröge vorgetragen. Aber die Gespräche sind interessant. Auf Dauer fehlt der Unterhaltungswert. 

„Auslaufen“ von Felix Hentschel

Der Podcast sei hier erwähnt, weil er wirklich in die Tiefe geht und das Geschehen in der Leichtathletik seziert. Das ist fundiert und richtig hochwertig – mir aber zu nerdig, weshalb ich mir hier ein Urteil verkneife. 

Larasch-Podcast von Alexander Pohle und Markus Rauthenberg

Auch in diesem Podcast geht es sehr sachlich-fachlich zur Sache. Die beiden Moderatoren fachsimpeln mit Gästen aus der Welt des (Lauf-)Sports über anstehende Wettkämpfe oder Trainingsinhalte. Das ist inhaltlich stark, mir auf Dauer aber etwas zu nüchtern. Wer aber einen gut fundierten Podcast-Beitrag zu einem bestimmten Thema sucht, wird bei Larasch fündig.

„Bestzeit“ von Ralf Scholt und Philipp Pflieger

Ralf Scholt und Philipp Pflieger beweisen, dass Expertise auch unterhaltsam transportiert werden kann. Scholt kann als ausgebildeter Journalist auch sprechen, was einfach sehr angenehm ist. Philipp Pflieger, der jüngst seine Karriere als Profi-Sportler beendet hat, glänzt mit Einblicken ins Leben und das Training eines Profis.

Achtung, jetzt wird’s sehr geschmäcklerisch. Aber es gibt eine Sache, die mich wirklich am „Bestzeit“-Podcast stört: das Denglisch der beiden Sprecher. Insbesondere Phillip Pflieger spricht bisweilen wie ein BWLer und wirft mit „Roundabout“ und anderen überflüssigen Anglizismen um sich. Tut mir leid, aber mich nervt das beim Hören wirklich.

Ach ja, und amüsant wird es immer, wenn Philipp zu Dingen aus dem Breiten- oder Amateursport befragt wird, ganz offenkundig keine Ahnung hat, das aber mit gefühlt minutenlangen Ausführungen ohne Mehrwert zu überspielen versucht. Ich denke mir dann immer: „Junge, komm zum Punkt!“ Ein einfaches: „Dazu kann ich nichts sagen“, wäre ehrlicher. Vielleicht hat Philipp ja jetzt in seiner Post-Profi-Zeit Gelegenheit, im Bereich Breitensport Wissen aufzuholen. Ich finde es gar nicht tragisch, wenn sich ein Profi nicht in Amateure wie mich hineinversetzen kann – er sollte aber auch dazu stehen.

Inhaltlich ist „Bestzeit“ aber wirklich top und bis auf ein paar Längen unterhaltsam.

„Einer rennt… Einer hinterher“ von Hendrik Pfeiffer und Christian Schmidt

Ja, an den Titel muss man sich wahrlich gewöhnen – aber „1rennt1hinterher“ ist ein wirklich unterhaltsamer und informativer Podcast. Hendrik Pfeiffer erzählt mit seiner westfälisch-ruhrpöttischen Schnauze aus seinem Leben als Profi und gewährt sehr interessante Einblicke in sein Training und seine Gefühlswelt. Das ist zum Mitfiebern gut. Auch Hendrik hat wenig Ahnung von Breitensport, steht aber absolut zu dieser Wissenslücke.

Sein Pendant Christian „Schmidti“ Schmidt ist im Hauptberuf Reporter bei SAT 1. Wie Ralf Scholt hört man ihm an, dass er Profi ist – allerdings spricht er halt privatfernsehmäßiger, also boulevardesker, also nicht so, wie ich es unbedingt mag. Will sagen: Ich musste mich ein bisschen daran gewöhnen.

Schmidti behauptet, er sei einfach nur ein Amateur. In echt ballert er die zehn Kilometer aber auch in unter 40 Minuten und ist somit von meiner Warte aus betrachtet eine Rakete.

Hendrik und Schmidti spielen sich in ihrem Podcast unterhaltsam die Bälle zu und vermitteln jede Menge spannender Informationen. Toll ist auch, dass die Macher auf Kommentare eingehen. So ist es passiert, dass Schmidtis Freundin „Würmchen“ durch einen Fauxpas meinerseits nun auch „Krümelchen“ als Zweit-Kosemanem hat. Sorry… 😉  

„Laufen ist einfach“ von Jan Fitschen

Jan ist nicht nur Europameister über 10.000 Meter und mehrfacher Deutscher Meister, er ist auch Quassel-Meister. Jan schafft es locker, übers Wetter zu reden und am Ende wundert man sich, dass schon eine Stunde vorbei ist. Dieses Talent hilft ihm immer dann, wenn zum Beispiel ein Gesprächspartner kurzfristig abgesagt hat. Dann liest Jan einfach aus seinem Kenia-Buch vor oder erzählt. Und erzählt und erzählt und erzählt. Das Tolle daran: Er wird einfach nicht langweilig. Er nimmt sich selbst nicht so ernst und glänzt dennoch mit Fachwissen, das er auf mega-sympathische Art rüberbringt.

„Laufen ist einfach“ ist in zwei Rubriken unterteilt. Einerseits ist da „10.000 mal 10.000“, eine Rubrik, die Menschen dazu ermuntern soll, mit dem Laufen zu beginnen und viele nützliche Tipps beinhaltet. Andererseits ist da „Einmal im Trainingslager“ mit Berichten, Anekdoten und Fachtalks mit aktiven oder ehemaligen Athleten. Ganz ehrlich: Am Anfang mag diese Unterteilung Sinn ergeben haben, inzwischen irgendwie nicht mehr.

Wie auch immer: Für mich ist Jan der König der Lauf-Podcaster. Niemand kommt sympathischer rüber, niemand vermittelt Fachwissen so unterhaltsam. „Laufen ist einfach“ macht einfach Spaß.

Einsteigern empfehle ich die Folge mit Frank Busemann, bei der ich zwischendurch sogar stoppen musste, weil ich vor lachen nicht mehr laufen konnte.

Fazit: Riesige Auswahl, sehr unterschiedliche Qualität

So viele Podcasts, so viel Auswahl. Es gibt auch noch viele, viele mehr, die hier gar nicht genannt sind, weil ich sie noch nicht gehört habe.

Ich bin letztlich bei „Laufen ist einfach“, 1rennt1hinterher“ und „Bestzeit“ hängengeblieben. Alle drei Podcasts lassen sich sehr gut beim Laufen hören, sind unterhaltsam und fachlich stark. Die Produktionsqualität ist bis auf wenige Aussetzer gut, und meistens entschuldigen sich die Macher auch, wenn sie wissen, dass es ausnahmsweise mal etwas schlechter klingen könnte als üblich.

Sehr wohltuend ist, dass Ralf Scholt und Christian Schmidt professionelle Sprecher sind und Jan Fitschen inzwischen so viel Sprecherfahrung hat, dass auch bei ihm das Zuhören Spaß macht. Super wäre es, wenn die jeweiligen (Ex-)Profis Philipp und Hendrik ein bisschen an ihren Sprecherqualitäten arbeiten würden. Aber auch so stechen die drei Podcasts meiner Meinung nach durch ihre Qualität und ihren Abwechslungsreichtum aus der Masse heraus.

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