Es ist Zeit für Selbstmitleid. Wir schreiben das zweite Jahr der Corona-Pandemie, und ich stecke voll im Motivationsloch, statt im Trainingsplan. Ohne Ziel fällt mir das Laufen wirklich schwer.
Der Weg soll ja auch ein schönes Ziel sein, aber ich laufe irgendwie doch lieber auf etwas zu als einfach nur irgendwo her. Dieses plan- und ziellose Rumgerenne nervt. Ich bin kein Mentalitätsmonster mit gigantischer intrinsischer Motivation. Ich brauche den imaginären Topf voller Gold am Ende des Regenbogens. Doch es ist Pandemie und kein Ende in Sicht.
Die Corona-Zeit fühlt sich an, als ob du beim Marathon läufst und läufst und läufst und jetzt schon zum fünften Mal am 37-Kilometer-Schild vorbei kommst. Ich habe keinen Bock mehr. Auch nicht auf virtuelle Läufe, die eben doch kein Ersatz für echte Laufveranstaltungen sind.
Rauf auf die Sprungschanze
Der Weg ins Motivationsloch ist ein Auf und Ab. Neulich war ich richtig motiviert und optimistisch. Auf Facebook fand mich eine Werbung für den „Mühlenkopf-Kraxler„, ein irres Rennen auf die größte Großschanze der Welt in Willingen am 9. Mai.
Ohne lange zu zögern habe ich mich angemeldet. Das muss ein Spektakel sein! Und einen guten Monat vorm Stelvio-Marathon, für den ich ja einen Freistart habe, bestimmt eine gute Sache.
Ach, ja — der Stelvio-Marathon! Müsste ich für den nicht schon längst trainieren? Müsste ich nicht schon längst mein Pensum erhöhen? Der Aufenthalt in Südtirol ist fest eingeplant. Seit Jahresbeginn laufe ich — bis auf zwei begründete Ausnahmen — an jedem Wochenende einen Halbmarathon. Mindestens Halbmarathon, das war mein guter Vorsatz für 2021.
Mein innerer Schweinehund weiß aber ganz genau, dass auch 21,2 Kilometer schon eine Übererfüllung dieses Ziels sind. Von einer 30 bin ich mental und physisch meilenweit entfernt, und von den fehlenden Höhenmetern rede ich lieber erst gar nicht.
Auto statt Bus und Bahn
Eigentlich wäre es so einfach. Ich laufe gerne zur Arbeit oder von der Arbeit nach Hause. Das macht mir großen Spaß. Aber ich habe keinen Bock, mir mit lauter Pandemie-Treibern Busse und Bahnen zu teilen. Also fahre ich mit dem Auto hin und zurück, statt eine Strecke zu laufen und eine zu öffeln.
Eine Weile war ich richtig diszipliniert. Jeden Mittwoch bin ich am Phoenixsee gelaufen. Als es im Winter saukalt war, als Schnee lag, habe ich dort nach Feierabend konsequent meine Runden gedreht. Das war toll! Am See sah man immer dieselben Leute, kannte sich bald. Das endete, als es wärmer wurde. Mir war es am See einfach zu voll. Seitdem suche ich eine Ersatzstrecke.
Die Sommerzeit soll mich retten
Ein Lichtblick ist die Sommerzeit. Die wird mich nun retten, ganz bestimmt. Wenn es abends länger hell ist, steigt auch die Motivation wieder. Hoffentlich.
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