Laufen und Corona: Anstand und Abstand

Seit einigen Wochen dürfen Läufer nicht mehr in der Gruppe ihrem Sport nachgehen. Schade für alle läuferischen Rudeltiere. Doch auch einsame Wölfe wie ich müssen sich wegen Corona Fragen stellen.

Wenn Blicke töten könnten, wäre ich seit Ostersonntag ein läuferisches Corona-Opfer. Und das gänzlich ohne Infektion. Die Blicke einiger Passanten, die mich beim Laufen im Wald trafen, hätten gereicht, um mir den Garaus zu machen.

Denn wir Läufer sind momentan nicht gerade beliebt. Der Grund: Wir atmen. Und beim Atmen bewegen wir uns auch noch.

Senioren und Läufer bevölkern Parks und Wälder

Seit der Coronakrise und dem Verbot, sich in der Öffentlichkeit aufzuhalten, ist es draußen richtig voll geworden. Sport und Spaziergänge an der frischen Luft sind ja erlaubt und sogar medizinisch geboten. Und so bevölkert alles, was zwei halbwegs gesunde Beine hat, die Parks und Wälder, vorzugsweise Familien mit kleinen Kindern, Senioren und Läufer.

Laufen mit Mundschutz ist eher etwas für die Winterzeit.

Das Problem: Je voller der Park, desto geringer der Abstand. Als Läufer bewegst du dich in einem Zickzack über die Wege, stets bemüht, Abstand und Anstand zu wahren und einen halbwegs vernünftigen Anblick zu bieten.

Wie viel Abstand muss beim Laufen sein?

Doch da wird es schwierig. Anderthalb bis zwei Meter Abstand sollen sitzende, stehende oder spazierende Menschen zueinander halten, um das Infektionsrisiko zu minimieren. Das Coronavirus, so die einhellige Meinung von Virologen, fliegt nicht weit und fällt bald zu Boden, wenn es von jemandem mit feuchter Aussprache freigesetzt wird.

Anders verhält es sich beim Laufen oder Radfahren. In unserem Windschatten, das fand ein belgischer Forscher nun heraus, könnte ein höheres Infektionsrisiko bestehen. Wer also hinter einem Läufer läuft oder hinter einem Radfahrer fährt, soll größeren Abstand halten. Ungefähr so viel wie beim Triathlon, also 15 Meter, empfiehlt ein Experte. Das kann auf viel bevölkerten Wegen zum Problem werden. Umso verärgerter war ich neulich im Park, als es zwei Radfahrer schafften, nicht schneller zu fahren als ich laufe. Das Ergebnis: Ich hing über Hunderte Meter in ihrem Windschatten fest, überholen konnte ich sie wegen des steten Spaziergänger-Gegenverkehrs nicht. Erst als sich eine größere Lücke bot, konnte ich an den Radler vorbeilaufen.

Feindselige Blicke

Die Studien, die uns Freiluftsportler zu potenziellen Virenschleudern erklären, scheinen bei all jenen auf großes Interesse gestoßen zu sein, die ich sonst eher nicht bei meinen Laufrunden sehe. Während ich mich nun im betont großen Riesenslalom und stetem Stop-and-Go und immer auf genügend Abstand nach vorne, hinten, rechts und links achtend über den Weg schlängele, sehe ich, wie feindselige Blicke meine Strecke kreuzen.

Ich grüße also jeden, auch Spaziergänger, die sonst ja eher nicht zum Gruß-Beuteschema von Läufern gehören. Garniert wird das noch mit einem dezenten Lächeln. Quittiert wird es allzu oft mit einem Blick, der sagt: „Was willst du hier?! Hau ab nach Hause! Atme alleine!“

Laufen wird von Medizinern empfohlen

Ja, was will ich wohl im Wald und im Park? Möglicherweise dasselbe wie ihr! Ich will Bewegung, Erholung und Natur. Ich habe 14 Tage in Quarantäne gesessen und mich danach gesehnt, endlich das schöne Wetter genießen und meinem Hobby nachgehen zu können. Einem Hobby, das von Medizinern sogar trotz Coronakrise ausdrücklich empfohlen wird.

Ich halte dabei alle Regeln des Abstands und des Anstands ein. Also: Wenn ich demnächst grüße und lächele, grüßt und lächelt einfach zurück, statt mit euren Augen Giftpfeile zu verschießen.

 

 

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