Leichtathletik-Meeting zeigt’s: Dortmund kann mehr als nur Fußball

Der 21. Januar 2018 darf rückblickend hoffentlich als Tag der Wiedergeburt Dortmunds als seriöser Standort für Leichtathletik angesehen werden. Die LG Olympia Dortmund hatte es gemeinsam mit lokalen und überregionalen Sponsoren geschafft, Teile der deutschen Leichtathletik-Elite nach Dortmund zu holen. Mission erfüllt gilt zumindest für den Frauen-Sprint, denn das dortige Starterfeld hat getrost das Prädikat „Weltklasse“ verdient.

Dortmund nennt sich ja gerne „Sportmund“, meint damit aber hauptsächlich König Fußball. Dabei können wir hier doch so viel mehr — und das sage ich als BVB-Dauerkartenbesitzer, der schon schwarz-gelbe Muttermilch getrunken hat. Wenn Borussia spielt, ruht der Restsport und die Stadt gleich mit. Andere Sportarten müssen mit einer nicht immer ganz perfekten Infrastruktur leben. So auch die Leichtathletik, die sich allzu oft dem Spielbetrieb von Bundesliga und UEFA beugen muss. Aber das soll ja alles besser werden, in Hacheney klafft schon ein Loch (okay, ein ganz kleines) an der Stelle, an der irgendwann das neue Leichtathletik-Stadion zur Entlastung der Roten Erde stehen soll. Aufbruchstimmung!

Die (inter)nationale Sprint-Elite

Da passt es doch, dass jetzt das Who is Who der Sprint-Elite an die Strobelallee eingeladen wurde und dem Ruf folgte: Gina Lückenkemper, Rebekka Haase, Lisa Mayer und Hürdensprinterin Pamela Dutkiewicz. Die vier Mädels verkörpern nicht nur deutsche, sondern internationale Klasse und fanden glücklicherweise alle ihren Weg zur Wiederauferstehung des Indoor-Meetings in Dortmund. Vier Wochen vor den Deutschen Meisterschaften an gleicher Stelle eine gute Standortbestimmung und Gelegenheit, die Helmut-Körnig-Halle kennenzulernen.

Die Körnig-Halle wird umgebaut — und das ist gut so

Wobei: Mit dem architektonischen Esprit der Siebziger- und Achtzigerjahre soll es ja bald vorbei sein. Die Halle soll modernisiert werden, denn hinter den Kulissen versprüht die Halle doch stellenweise den Charme einer Schulturnhalle. Doch bald, also irgendwann, soll die Hütte umgebaut werden und 2020 in neuem Glanz erstrahlen.

Die grüne Hölle Helmut-Körnig-Halle.

Dutzenden Fotografen fällt dabei ein Stein vom Herzen, denn die Lichtverhältnisse in der — wie ich sie gerne nenne — grünen Hölle sind schlicht und ergreifend miserabel. Wenn schon hartgesottene Fotoprofis ihre Kollegen fragen, bei welcher ISO-Zahl sie inzwischen angelangt sind, weiß ich, dass ich meiner Amateur-Kamera zu viel abverlange, wenn ich erwarte, das eine oder andere coole Foto zu schießen.

Sportlich aller erste Sahne

Aber egal, genug gejammert. Es geht ja um Sport und nicht mein persönliches Foto-Leid. Und sportlich war das Indoor-Meeting erste Sahne. Umso erfreuter war ich über die Möglichkeit, aus dem Innenraum heraus das Geschehen verfolgen und fotografieren zu können. Denn eines ist klar: Wer Spitzensport einmal aus nächster Nähe gesehen hat, wird süchtig danach.

Lisa Mayer sprintet zum Sieg im Vorlauf.

Außerdem habe ich mit den Jahren bei vielen Gesprächen und Interviews etwa mit Kathi Grompe, Jana Hartmann oder Hendrik Pfeiffer und erst recht bei meinem schmerzhaft misslungenen Sprint-Experiment gelernt, dass Leichtathleten außerordentlich angenehme Zeitgenossen sind. Und irgendwie ist es für mich als Hobbyläufer immer spannend, Menschen zu sehen, die das Gleiche machen wie ich — nur eben in richtig und nicht so stümperhaft wie ich.

Klar im Mittelpunkt standen die Laufwettbewerbe, darunter auch Staffelläufe für ganz kleine Sportlerinnen und Sportler sowie verschiedene weitere Nachwuchsrennen. Vor lauter Läufern gingen die Wettkämpfe der Stabhoch- und Weitspringerinnen beinahe etwas unter, obwohl auch dort großer Sport gezeigt wurde.

Das Dortmunder Publikum sorgte für beste Stimmung

Großen Sport bzw. den richtigen Sachverstand zeigte glücklicherweise auch das Publikum. Dass wir in Dortmund im Zweifel sogar beim Hallen-Halma die Bude brennen lassen, dürfte mittlerweile deutschlandweit bekannt sein. Der DLV hat das nach den Deutschen Hallenmeisterschaften 2013 ja schon gelernt, zierte sich aber mit einer Neuvergabe der Titelkämpfe in die oben erwähnte „grüne Hölle“, weil die nicht nur Fotografen vor Probleme stellt, sondern auch die Organisatoren von Meisterschaften — nur vier Bahnen auf der Rundbahn sind da halt ein Problem.

Vier Highlights!

Aber das soll 2020 ja alles besser werden. Apropos Sachverstand: Moderator Wolf-Dieter Poschmann machte seinen Job souverän und zeigte, dass sein Herz ganz klar für die Leichtathletik schlägt. Sehr angenehm.

Unser aller Hauptaugenmerk galt natürlich dem Kampf der Gigantinnen auf der grünen 60-Meter-Bahn (mit der habe ich ein persönliches Problem — siehe Link oben zum misslungenen Sprint-Experiment). Was ein bisschen unterging: Neben Gina, Rebekka, Lisa und Pamela standen mit den Kwadwo-Schwestern, der Portugiesin Lorene Bazolo und der Venezolanerin Andrea Purica vier weitere Sprinterinnen im Endlauf, die nicht als bloße Zählkandidatinnen nach Dortmund gekommen waren.

Lückenkemper und Mayer schaffen direkte EM-Quali

Im Endlauf ließen es Gina Lückenkemper und Lisa Mayer richtig krachen und sicherten sich mit neuen PB von 7:11 bzw. 7:17 Sekunden die Quali für die Hallen-WM.  Dritte wurde Pamela Dutkiewicz, die ihre neue PB aus dem Vorlauf gleich nochmal um zwei Hundertstel verbesserte. Bazolo sprengte das Quartett und verwies Rebekka Haase auf Platz Fünf. Haase sagte anschließend ihren geplanten Start über die 200 Meter ab, weil der Oberschenkel zwickte. Hoffen wir, dass es nichts Ernstes ist und wir sie bei den „Deutschen“ im Februar wiedersehen.

Bei den sprintenden Männern zeigte sich Maurice Huke zunächst enttäuscht, weil er die 60 Meter verpatzt hatte. Über 200 ließ er aber nichts anbrennen und sicherte sich den Platz ganz oben auf dem Siegertreppchen.

Meeting war eine tolle Chance für den Nachwuchs

Mindestens genauso wichtig wie die Leistungen der Spitzensportlerinnen und Sportler war in meinen Augen die Gelegenheit, die das Meeting für den Nachwuchs bot. Nicht nur, dass sich nahezu sämtliche Athleten unendlich viel Zeit nahmen, um alle Autogramm- und Selfie-Wünsche zu erfüllen. Auch das Erlebnis, vor großer Kulisse gelaufen und von 2000 Zuschauern angefeuert worden zu sein, wird wohl unvergesslich sein.

Unvergesslich für mich ist, dass ich in meiner Einschätzung, was für nette Menschen Leichtathleten sind, wieder bestätigt worden bin . Total süß auch das verlegene Grinsen im Gesicht von Andrea Bouma, als sie mich beim Einstellen ihres Startblocks fragte, welche der zwei dicht beieinander liegenden Linien die 200-Meter-Startlinie sei — so hatte ich quasi unmittelbar Anteil an ihrem zweiten Platz in diesem Rennen.

Jedenfalls freue ich mich riesig auf die bevorstehenden Deutschen Meisterschaften in der grünen Hölle an der Strobelallee.

Video-Schnipsel vom Dortmunder Indoor-Meeting

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